Florian Kutej
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Der Kirschenrummel (2024)
Produktion
Oper Graz
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
Kunsthaus Graz
Premiere
25. Mai 2024
Projekt
Performance
DER KIRSCHENRUMMEL
2024 Oper Graz (Uraufführung)
Musikperformativer Spaziergang im öffentlichen Raum mit Musik von u. a. Hanns Eisler, Edmund Eysler, Paul Dessau und Franz Lehár.
Die musiktheatrale Aufarbeitung einer Hungerrevolte im Juni 1920, die von Frauen ausging und schließlich 13 Menschenleben kostete
Musikalische Leitung & Arrangements: Stefan Birnhuber
Regie: Florian Kutej
Bühne & Kostüm: Andrea Meschik
Dramaturgie: Christin Hagemann
Konzeption, Musikauswahl & Textfassung: Florian Kutej, Stefan Birnhuber & Christin Hagemann
Licht (Kunsthaus): Daniel Weiss
Technische Betreuung: Louis Rixner
Ensemble
Petronella Zedtwitz - Anna Marie Schneider
Veronika - Christina Brunner
Otto / Gendarmerie-Oberinspektor L. - Gregor Schuster
Leopoldine / Soldatenrat M. / Frau Spitz - Tomris Lahusen
Richterin - Sabine Schink
Landeshauptmann - Dietmar Hirzberger
Vertrauensmann K. - Felix Schwarz
Frau Stranzl - Elfi Liebethat
Frau Baldauf - Karin Weber
Instrumentalist:innen-Ensemble der KUG
Der Kirschenchor (Leitung: Stefan Birnhuber)
Mitglieder der Statisterie der Oper Graz (Leitung: Florin Ailenei)
Mitglieder des Grazer Volksliedchores des ÖAV Sektion Graz (Leitung: Bernhard Riedler)
Kooperation mit der Universität für Musik und Darstellende Kunst Graz und dem Kunsthaus Graz
Die Musiktheater-Performance, die am Kaiser-Josef-Platz beginnt und im Kunsthaus am Südtiroler Platz endet, erinnert an ein historisches Ereignis und bedient sich dabei der Form eines „musikalischen Reenactments“, um auf spielerische Weise Verbindungen zwischen dem Gestern und Heute zu ziehen. Ziehen Sie mit!
Es ist der 7. Juni 1920, ein Montag, 8 Uhr früh. Einige Frauen machen ihre Einkäufe am Kaiser-Josef-Platz. Am Kirschenstand entbrennt eine heftige Debatte über die neuerlichen Preissteigerungen. Die Inflation steigt schon seit Monaten ins Unermessliche. Nun ist es genug! Marktstände werden umgeworfen, ein Protestzug formiert sich, der über den Jakominiplatz, die Herrengasse und den Hauptplatz Richtung Annenstraße zieht. Weitere Menschen schließen sich an, unter ihnen auch Personen, denen es um andere Dinge als um die Kirschenpreise oder die allgemeine Teuerung geht. Ein vielstimmiger Unmut macht sich lautstark Luft, Gewalttaten bleiben nicht aus. Die Revolte endet schließlich am Südtiroler Platz, wo sie von den Ordnungskräften blutig niedergeschlagen wird. 13 Personen verlieren ihr Leben, zahllose weitere werden verletzt.
Als „Kirschenrummel“ in die Annalen der Stadt eingegangen, verharmlost der Name die Hungerrevolte, die auf den Nachwehen des Ersten Weltkriegs basiert.
Der junge Regisseur Florian Kutej verbindet dieses Stück Grazer Stadtgeschichte mit der Kunstform des Musiktheaters und spürt auf einem performativen Spaziergang dem historischen Ereignis nach. Mit einem kleinen, mobilen Instrumentalensemble und Studierenden der Kunstuniversität Graz beginnt der Spaziergang heiter auf dem Kaiser-Josef-Platz, lässt auf dem Zug durch die Stadt mit Liedern von Hanns Eisler, Ernst Krenek, Franz Lehár, Paul Dessau und Edmund Eysler Musik der damaligen Zeit erklingen und endet schließlich vor der im Kunsthaus „reaktivierten“ Wall des amerikanischen Konzeptkünstlers Sol LeWitt.
Die Parallelen, die sich dabei zur Gegenwart ziehen lassen, werfen bedeutsame Fragen auf: Wie konnte die Forderung nach Preisgerechtigkeit so eskalieren, dass am Ende Menschen ihr Leben lassen mussten? Wie konnten die ursprünglichen Forderungen im Verlauf des Zugs durch ausländerfeindliche und antisemitische Parolen überlagert werden? Sind wir heute vor ähnlichen Entwicklungen gefeit? Wie lässt sich eine friedliche Kundgebung gegen die Einflussnahme subversiver Kräfte schützen?
Übrigens: Die Frauen, die sich über die Kirschenpreise beschwert hatten, verfolgten ihr Ziel der Preissenkung weiter. Fünf Tage nach dem „Kirschenrummel“ wurden durch eine Kommission zur Preisregelung verbindliche Marktpreise festgelegt.
PRESSESTIMMEN
"Eine historische Hungerrevolte in Graz im Jahr 1920 nimmt die Oper Graz in 'Der Kirschenrummel' als Ausgangspunkt für einen Musiktheater-Spaziergang durch die Stadt. Das Resultat sorgt nicht nur für gute Unterhaltung, sondern wirft durchaus auch kritische Fragen zu Protest, Mitläufertum und Populismus auf. (...) Doch mit jeder Station, die bis zum Finale im Kunsthaus angelaufen wird, wird auch musikalisch deutlich, welch Sprengkraft in der Gesellschaft schlummert: Verzweifelte Frauen, die ihre Familien nicht mehr ernähren können; politische Agitatoren, die diese Verzweiflung für ihre Zwecke nutzen; eine brutale Polizei, die nicht weiß wie umgehen mit den Vandalen; und zuletzt eine Exekutive, die Schuldige finden muss, um wieder den Anschein von Frieden herzustellen. (...) Es ist eigentlich die klassische Geschichte einer gescheiterten Revolution, die die Oper Graz mit den Mitteln der Musik der Zwischenkriegszeit - vor allem aus der Feder des großartigen Hanns Eisler - erzählt. Avantgardistische und populäre Klänge gehen hier Hand in Hand, erzählen von der Gespaltenheit der Zeit - und den historischen Gefahren, die damit einhergehen.
Auch wenn 'Der Kirschenrummel' sich durch seine vielen Wander- und Wartezeiten hie und da ein wenig zieht (...), ist das Resultat ein spannender Spagat zwischen Unterhaltung und politischer Brisanz."
Christoph Hartner, Kronen Zeitung, 26.05.2024
"Regisseur Florian Kutej, Dirigent Stefan Birnhuber und Ausstatterin Andrea Meschik haben den 'Kirschenrummel' im Rahmen der Schiene 'Oper in der Stadt' zu einem abendfüllenden, musiktheatralischen Stadtspaziergang verarbeitet. Bei der Premiere (...) versammelte sich eine ansehnliche Publikumsschar unter der Glasbrücke neben der Oper, um das künstlerische Re-Enactment der Geschehnisse vom 7. Juni 1920 an mehreren Stationen in der Innenstadt mitzuverfolgen. (...) Gesang und Musik wurden größtenteils von Studierenden der Kunstuniversität bestritten, wobei Christina Brunner, Gregor Schuster, Tomris Lahusen und Anna Marie Schneider in den Rollen des realen historischen Dramas ebenso brillierten wie das von Birnhuber geleitete neunköpfige, gemischte Straßenensemble. (...) Musikalisch griffen Birnhuber und Kutej auf heute selten Gehörtes aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zurück, wobei vor allem die Vielseitigkeit Hanns Eislers und seiner wechselnden Textdichter von Bertolt Brecht über Karl Kraus bis Kurt Tucholsky den Zeitgeist der Zwischenkriegszeit und ihre gesellschaftlichen Verwerfungen perfekt widerspiegelten."
Andreas Stangl, Kleine Zeitung, 27.05.2024
Fotos: Oliver Wolf, Kirschenrummel @ Sol LeWitt's Wall. Performed / Bildrecht, Wien 2024

























